Meine Freundin – die Intuition

Was ist Intuition und wie kann ich sie stärken?

Der Begriff „Intuition“ stammt vom lateinischen Wort „intueri“: „hinschauen, erfassen, erkennen“. Wenn ich mich in einer komplexen Situation befinde, ermöglicht die Intuition, eine Fülle an Daten extrem schnell zu verarbeiten und zu angemessen zu reagieren, ohne lang nachzudenken. Man nennt sie auch „emotionale Intelligenz“, „innere Stimme“ oder „Bauchgefühl“.

Schneebedeckte Bank mit Herz

Gestern habe ich es getan. Ich habe nicht auf meine Intuition gehört, sondern sie übergangen. Drei Minuten später habe ich es bitter bereut. Was ist geschehen?

Bei Minusgraden baden

Wir wollten auf die Feldbergspitze wandern. Das Auto parkten wir unterhalb und gingen los. Dort oben war es ein paar Grad kälter als zu Hause, der Boden vereist. Ich hatte Schuhe mit rutschigen Sohlen an. Egal, wird schon gehen, dachte ich. Schneeflocken tanzten im Wind. Ich zog mir die Schildmütze tief in die Stirn. Nach einer halben Stunde bogen wir auf einen Wurzelpfad ab, den wir im Sommer gern nehmen. Wenige Schritte weiter blieb ich stehen. Im Trail lief Wasser über Steine und Wurzeln. Gras und Moos neben der Rinne waren glatt. Mein Bauchgefühl sagte: Geh da lieber nicht hoch! Wir hatten nicht endlos Zeit, wollten aber auf das Aussichtsplateau, und dies war die schnellste Strecke. Stell dich nicht so an, befahl mein Kopf meinem verzagten Bauch. Ich ging im Bachlauf weiter, weil dort kein Eis war, setzte einen Fuß vor den anderen, darauf bedacht, keinen falschen Schritt zu machen, den Kopf gesenkt.

Schneebedeckte Bäume

Da passierte es: Zack – stieß ich mit der Stirn gegen einen quer über den Weg hängenden Ast, platsch – da saß ich mit dem Hinterteil im Wasser. Ich rappelte mich hoch. Gottseidank war ich mit dem Schrecken davongekommen.

Alternativen finden

Die Lust auf die schöne Aussicht war mir vergangen. Hoffentlich treffen wir niemanden, dachte ich auf dem Rückweg. Sieht bestimmt aus als wäre das Wasser aus mir herausgekommen. Nun musste ich doch lachen.
Hätte ich auf mein Bauchgefühl gehört, wären wir auf einem anderen Weg weitergegangen. Ist es nicht öfter so, dass wir unsere Intuition übergehen, eindeutige Zeichen missachten und damit buchstäblich „Baden gehen“?

Doch wie kann ich eine gute Intuition, auf die ich hören sollte, unterscheiden von einer Weigerung, mich aus meiner Komfortzone zu bewegen? Denn das gibt es ja auch: Wir lehnen einen Weg ab, weil er in eine neue Richtung führt und uns Angst macht. Dort könnte ein Talent, ein Goldschatz vergraben liegen, aber wir trauen uns einfach nicht.

Ganz genau wissen wir es erst hinterher.

Es lohnt sich, in der konkreten Situation zu fragen, was es kostet, auf die innere Stimme zu hören. Muss ich genau auf diesem Weg da hoch? Gibt es Alternativen? Ja, die gab es. Sie hätten allerdings Zeit erfordert.

Den Blick weiten

Diese Misere entstand, weil ich mich so vermummt hatte, dass mein Sehfeld eingeschränkt war. Ich schaute nach unten, damit ich direkt vor meinen Füßen alles sah. Hätte ich den Kopf gehoben und nach links und rechts geblickt, wäre mir aufgefallen, dass ich mich auf ein Hindernis zubewege.

In kniffligen Situationen hilft es, nicht auf das unmittelbar vor mir liegende vermeintliche Problem zu starren, sondern den Blick zu heben und zu weiten, um Hindernisse und Chancen sowie alternative Routen wahrzunehmen.

Dann nehme ich auch Schönes am Wegesrand wahr: Eisblumen im Moos, Raureif auf dem Gras, das Gluckern des Wassers über die Wurzeln, der Geruch der kühlen, klaren Luft. Dankbarkeit und Freude sorgen dafür, dass der Aufstieg ein beglückendes Erlebnis wird.

Jutta Hajek in den Bergen

Mut und Intuition sind zwei starke Partner.
Ab und zu lasse ich mich von ihnen unterhaken und weitertragen.

Jutta Hajek

Den inneren Dialog pflegen

Die eigenen Gefühle ernst zu nehmen, negative und positive, anstatt sie einfach zu übergehen, hilft unangenehme Überraschungen vermeiden. Mich selbst gut kennen und einschätzen können, Will ich mich jetzt nur drücken oder sollte ich hier auf mein Bauchgefühl hören, hilft mir bei schnell fälligen Entscheidungen. Mut gehört dazu, sich gegen eine Option zu entscheiden, die andere gut finden, für mich aber nicht passt.

Ruhe ist zum Spüren der Intuition hilfreich, Zeitdruck dagegen ein schlechter Berater. Manchmal hätten wir genug Zeit für eine Alternative, fühlen uns trotzdem unter Druck und entscheiden ungünstig. Muss ich genau heute am Gipfel ankommen, wenn die Wolken tief hängen und keine Aussicht möglich ist oder kann ich es verschieben? Morgen scheint bestimmt wieder die Sonne und dann packe ich es an. Verschieben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag bringt nichts, gnädig mit sich sein schon.

Jeden Tag einige Zeit in der Stille zu verbringen, trägt dazu bei, dass wir wahrnehmen können, was uns die innere Stimme sagt. Sie spricht leise. Ich will lernen, sie noch besser zu hören, meine gute Freundin. Ist es mein Schöpfer, der in dieser Stimme zu mir spricht? Es stärkt die Intuition, immer wieder Neues auszuprobieren und sich dabei zu beobachten: Wie reagiere ich, was funktioniert für mich, was nicht? Rückschläge sind dazu da, dass wir aus ihnen lernen, Wir dürfen uns ruhig etwas trauen, denn wir sind aufgehoben beim Allerhöchsten:

„Er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt …“*

Ps 91,11-12

Ich wünsche Dir eine starke, gute Intuition, Mut für Deine Vorhaben und vor allem, dass Du den Segen spürst, der dich auf jedem Schritt umgibt. Freude und Dankbarkeit findest Du in den kleinen Dingen am Wegesrand.

*Der Psalmauszug ist entnommen aus der Einheitsübersetzung der Hl. Schrift (c) Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart.

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