Das Rollo im Schlafzimmer war neulich abends noch oben – warum auch immer. Sonst fährt es runter, wenn es dämmert. Draußen peitschte das Wasser aus tiefschwarzen Wolkenbergen. Die Straßenlampe verströmte mattoranges Licht, das der Regen aufsog und nahezu verschluckte. So groß waren die Tropfen, dass sie noch einmal hochsprangen, nachdem sie auf den Asphalt geprallt waren. Sie sammelten sich im Rinnstein und ihr kräftiger Strom strebte dem Ablauf zu. Pappeln und Birken auf der anderen Straßenseite winkten mit ihren langen Armen so heftig im Wind, als würden sie gleich ihre Balance verlieren und sich zu den anderen Bäumen legen, die nun wilden Tieren Unterschlupf boten. Ich starrte in die Nacht, hob die Augen zu den Wolken, die quollen, wogten, weiterflogen.
War dahinter ein heller Fleck?
Ich konnte mich nicht bewegen, starrte dorthin, fixierte ihn, fragte mich, ob wir uns wohl näherkommen könnten, er und ich und, als ob er auf mein Hinstarren reagieren würde, wurde dieser kleine Fleck immer weiter, er schob die Wolken beiseite, erst konnte ich den einen Rand, dann den anderen erkennen, meine Augen weiteten sich, eine ganze Weile stand ich so da – bewegungslos.
Der Mond, der volle Mond, leuchtend, ein bisschen blass,
aber doch deutlich zu sehen,
scharf umgrenzt mit einem hellen Hof, schaute auf mich herab.
Stumm sahen wir uns an. Heftig pochte mein Herz.
Dann schob sich das Schwarze wieder vor und es war vorbei.
Gewöhnlich wurde der Abend nicht mehr. Ich fühlte mich geliebt.
Tags darauf wurde mir schlagartig klar:
So will ich leben, immer, nicht nur in diesem einen Moment:
Wissen, dass eine Kraft, die größer ist als Erde, Mond und alle Sterne,
mich liebevoll anblickt, dass sie nicht nur in mir ist,
sondern dass sie alles umfängt, alles durchdringt,
was war, was ist und was jemals sein wird.
Dass ich nicht herausfallen kann aus dieser Liebe
und dass ich sie nicht verdienen muss.
Diese Gewissheit weitergeben,
diese Liebe durch mich fließen lassen,
so will ich leben, jeden Atemzug.
© Jutta Hajek